Pathos - im Ursprung ein rhetorisches Mittel mit dem Zweck der Oberzeugung - hat Konjunktur, dies trotz des Verdachts, hohl zu sein, was jedes Pathetische wie seinen Schatten begleitet. Und was ist pathetischer in der Architektur als das Mauerwerk? Bei diesem denken wir an seine Eigenschaften, die es an einen bestimmten Ort binden, wie Material, Farbe, Schwere oder Dauerhaftigkeit.

Wand, Mauer oder Mauerwerk sind Unterscheidungen, die zum Beispiel in der englischen Sprache nicht existieren. Es ist vor allem das ,,Werk" im Mauerwerk, das ethische und ästhetische Assoziationen auslost und auch auf das bloss Bildhafte reduzierte Lösungen legitimiert. Unter Mauerwerk verstehen wir ein ,,in seiner Oberflache sichtbar bleibendes und durch sie wirkendes Gefüge", egal ob dieses aus Naturstein, aus Backstein oder aus anderen Mauersteinen besteht. Paradoxerweise verlangt diese Definition im Sinne einer konstruktiven Ehrlichkeit, dass sich der Werkstoff zeigt - mit dem Hinweis auf die Wirkung der Oberfläche öffnet sie aber die Tür für Inszenierungen.

(Moravánsky, Ákos: Lehrgerüste: Theorie und Stofflichkeit der Architektur, Zürich: gta Verlag, 2015, S.88.)