SS 2025 Zwischenhäuser
Mona Kainrath.
Zwischen den Häusern der Grazer Peripherie entsteht eine neue Typologie – das Zwischenhaus.
Diese Arbeit nimmt sich dem Teppich aus Solitären und den dadurch entstehenden Zwischenräumen an und sieht sie als Ausgangspunkt architektonischer Intervention. Dort, wo der städtebauliche Zusammenhang fehlt, wird der Zwischenraum neu interpretiert. Es werden Häuser gesetzt, die immer an vier Ecken an Bestandshäuser anschließen und so den Raum neu fassen und erfassbar machen. Sie schaffen Raum, anstatt ihn zu verdrängen.
In einer Sammlung von Setzungen im Stadtgebiet von Graz werden unterschiedliche Zwischenräume sichtbar. Vier Orte davon geben Einblicke auf konkrete Situationen und ihre Transformationen.
Prinzip
Das Zwischenhaus dockt an, wo andere Gebäude Abstand halten – an vier Ecken, von vier Häusern, die eigentlich alleine stehen wollen.
Zwischen diesen vier Ecken wird ein Feld aufgespannt, das die Basis für das Zwischenhaus bildet. Dieses Viereck markiert den Bereich, der den vorhandenen Häusern nichts wegnimmt - Ausrichtung, Belichtung und Ausblick bleiben bestehen.
Es wird der Raum gebraucht, den die Bestandshäuser nicht brauchen.
Die Zwischenhäuser folgen klaren Prinzipien. Sie bieten einen Rahmen in dem sich das Haus aufspannt. Ein paar Spielregeln an die sich jedes Zwischenhaus hält.
Ein Zwischenhaus…
Verbindet vier eigenständige Häuser miteinander.
Ist immer zweitrangig, kommt immer danach.
Bildet die zweite Wachstumsphase.
Steht in Abhängigkeit zu den Bestandshäusern.
Formt vier Außenecken zu Innenecken.
Hat immer vier Fassaden.
Jede Ecke ist gebunden.
Diese Prinzipien geben eine Richtung vor, bieten aber auch Spielraum für eine Vielzahl an weiteren Bearbeitungsmöglichkeiten. Wie betrachtet man die Lücke? Wem dient das Zwischenhaus?
Ist es Teil der Bestandshäuser? Oder sieht man es als fünftes eigenständiges Haus? Wird es auf die vier Häuser aufgeteilt oder macht es aus vier Häusern ein großes Ganzes?
Setzung
Gesetzt werden die Zwischenhäuser in Graz – überall dort, wo vier solitäre Häuser einen Zwischenraum bilden. Sie nutzen bestehende Strukturen und formen ein neues Gefüge. So entstehen vielfältige Situationen: ein Hof zur Straße, ein gemeinsames Tor, ein ruhiger Hinterhof, ein privater Durchgang.
Das Zwischenhaus schafft Raum - Innen- und Außenraum gleichermaßen.
Figur und Grund
Betrachtet man die Zwischenhäuser im Schwarzplan, verändert sich das Erscheinungsbild der vormals solitären Bauten. Aus losen Objekten im Feld wird ein durchgehendes Gefüge.
Figur und Grund stehen in neuer Relation zueinander.
Während bisher der gebauter Riegel im Schwarzplan als Figur lesbar ist, kehrt sich das Verhältnis um - der Zwischenraum wird zur Figur und die Baumasse wird zum Grund (Vgl. Rowe/Koetter 1978,85-97).
Vier Höfe.
Zwei Plätze, zwei Gärten.
Erschlossen wird über den Bestand.
Vier Wohnungen bekommen vier Erweiterungen.
Die vier Häuser bleiben also vier Häuser ...
... von Außen jedoch wie zwei.
Ausgangspunkt ist immer das Eck. Daraus wächst die Wohnung, das Zwischenhaus. Das einstige Außeneck wird zu zwei Innenecken des Außenraums.
In der Wohnung wird es zum Drehpunkt, markiert die Überschneidung des alten und des neuen Raumes.
Die Räume überschneiden sich, das Tragwerk aber trifft sich in einem Punkt.
... oder das ganze Zwischenhaus trifft das Bestandshaus in einem Punkt. Statt einer Verschränkung gibt es eine Berührung.
Im Erdgeschoss hält es Abstand; im Obergeschoss hält es sich am Bestand fest - gerade noch.
Das Zwischenhaus blockiert die Kreuzung, aber der Durchgang bleibt frei.
Der Entwurf bildet sich aus dem Eck heraus. Es wird invertiert, öffnet einen Zwischenraum. In diesen Zwischenraum ragt der Zugang zum Zwischenhaus. Dem Bestandseck wird ein Eck gegenüber gesetzt.
Jedes Eck bleibt offen - zum Durchschreiten oder zum Betreten. Die vier Seiten sind gleichwertig, so auch die vier Ecken mit ihren vier Eingängen.
Die Zugänge bilden jeweils Schalträume, welche in die vier öffentlichen Räume oder zum Stiegenhaus in die vier Wohnungen führen.
... oder die Bestandshäuser werden neu gegliedert. Es entsteht ein gemeinsames Tor, mit Zugängen an vier Ecken.
Das Zwischenhaus setzt sich selbstbewusst in die Mitte, bildet das neue Zentrum des Ensembles. Die Nischen bekommen eine neue Haut.
Es drängt sich auf, hinterlässt Spuren bis in die äußersten Ecken.
Als Erschließung dienen die verschränkten Ecken.
Von dort aus wird zum nächsten Eck überbrückt. So kommt man auch mit dem Lift vom ersten Haus ins dritte.
Den Raum den die neue Stiege einnimmt, gibt das alte Stiegenhaus in Form eines Zimmers zurück.
So schlängeln sich die Wohnungen bis zum neuen gemeinsamen Eck.
Der Eingang wird geteilt. Der Nachbar muss vielleicht vorbei gehen, dafür erstreckt sich die Wohnung diagonal bis ins andere Eck.
Das Zwischenhaus bildet einen Straßenhof. Dadurch sind die Hinterhöfe geschützt.
Die Durchfahrt ist noch möglich; so sind auch die Hinterhäuser angeschlossen.
Ein neues Gesicht zeigt sich der Straße.
Der Hof wird Teil der Öffentlichkeit. Und trotzdem ist es dahinter jetzt privater.
Die Häuser werden zu einem Ganzen - ein gemeinsamer Durch-, Zu- und Aufgang.
... oder es gibt eine gemeinsame Terrasse - für drei anschließende Wohnungen.
Die neue Wohnung bekommt eine Stiege - die Bestandswohnungen haben aber auch etwas davon.
Die Terrasse nutzt den Anschlusspunkt. Sie dient als vermittelnde Struktur zwischen Alt und Neu.
So berühren sich die Wohnungen nicht, sind aber trotzdem miteinander verbunden.
Der neue Riegel klemmt sich zwischen die alten Riegel.
Er stellt sich quer, unterbricht die auslaufende Häuserflucht.
Er gibt dem Hof eine neue Front.
Oder eine schützende Rückwand.
Der auslaufende Zwischenraum wird vom Zwischenhaus gefasst. Ein Innenhof entsteht, ein Block schließt sich. Die Außenwände der Häuser werden zu Innenwänden des Hofs.
Aus getrennten Objekten wird ein räumliches Gefüge.
Das Zwischenhaus schafft Zusammenhang, wo keiner war, nutzt den vorhandenen Raum, der nicht gebraucht wird und gibt einem vernachlässigten Ort wieder neue Bedeutung.
Project by: Mona Kainrath
Supervisor Alex Lehnerer