SS 2024 Haus in der Landschaft Ein Krematorium für Graz
Lisa Brolli.
Ein Weg durch das Krematorium
Das Ankommen
Dem Bach abgewandt führt ein Weg durch das hohe Gras Richtung Ensemble. Wieder ändert sich der Untergrund zu festem Stein und steht im Kontrast zu dem weichen Feld. Der Weg führt am ersten und nördlichsten Gebäude vorbei und leitet durch einen Richtungswechsel in sein Inneres, einen Durchgang. Von diesem führt eine Tür im Norden in einen kleineren, geborgenen Raum des Ankommens, welcher eine Nische im Freien erschließt.
Im gegenüberliegenden, südlichen Gebäudeteil finden sich im Schutz der Mauern die dunklen Räume des stillen Ortes.
Der Weg
Beim Verlassen des ersten Gebäudes führt der Weg weiter zu einem etwas erhöhten Außenbereich. Eine Wand bietet Blickschutz Richtung Bach und leitet zu einer kleinen Nische des Rückzugs - ein Moment die Landschaft zu absorbieren und dem Geist Ruhe zu verschaffen.
Den Weg fortführend zeigt sich eine Reihe aus Stützen. Besonderes Augenmerk liegt auf jenen, welche abseits des Weges aus dem hohen Gras emporwachsen.
Vorbei an diesen wird der Weg durch die Begrenzung zweier Wände zum geschlossenen Gang, bis er sich wieder öffnet und den Blick auf das höhergelegene Zeremoniehaus freigibt.
Die sich wiederholende Stützenreihe passierend, gibt eine schützende Wand nochmal einen Moment des (inneren) Sammelns, bevor sie zum Eingang des Hauses leitet.
Der Raum der Zeremonie
An einer mittig platzierten Stütze vorbei führt der Weg links und rechts in den Innenraum. Leicht erhoben liegt im Dunkeln eine mit Bänken versehene Ebene, welche den Blick auf den hellen zentralen Bereich der Aufbahrung freigibt. Die nach innen versetzte Wand untermalt die Bedeutung dieses Bereiches und bietet eine neutrale Ebene im Raum. Über zwei Stufen entlang der Mauer kann die Unnahbarkeit zum Sarg überwunden und intimer Abschied genommen werden.
Die Kremation - Ein letzter Abschied
Nach Verlassen des Zeremoniehauses bietet sich ein weiter Blick über die Landschaft und die Helligkeit des Freibereiches löst die Dunkelheit des Raumes ab. Ein Weg spaltet sich in zwei - der eine schafft sofortige Distanz zum Ensemble und geht über in einen dichten Waldweg. Der andere führt wieder Richtung Norden, in einen sich öffnenden Gangbereich. Der Nische folgend führt eine Tür in einen kleinen, geschlossenen Raum, den Raum eines letzten Abschieds. Die große Verglasung eröffnet den Blick auf den Raum der Kremation. Im Mittelpunkt, gerahmt von Stützpilastern, steht der nach oben wachsende Ofen. Die verglaste Dachöffnung zeigt, wie der Kamin das Dach durchdringt und seine Form im Außenraum weiterführt.
Nach der Kremation kann eine Andachtsnische, nach Osten gerichtet, für innere Ruhe sorgen. Der Weg kann dann Richtung Fluss oder Wald als Abschluss der Zeremonie/des Ortes gesehen werden und führt auf beiden Wegen zurück zur Basilika.
Die Struktur und die Stütze
Jeder Teil des Ensembles steht in teilweise direktem oder indirektem Bezug zueinander. Über Blickbeziehungen, Erschließungen, tragende Elemente. Die Struktur basiert auf einem klaren Stützraster, findet seine Auflockerung jedoch in seinen Freibereichen und den verschiedenen Positionierungen der Stütze. Freistehend, eingemauert, gedreht, richtungsweisend, wasserführend, (Raum-) öffnend, schließend und/aber immer tragend.
Das Material - Stein, Ziegel, Kupfer
Der Stein
Er bildet wie ein starkes Band den Sockel des Gebäudes und schützt den Ziegel vor stauender Nässe. Der Sockel der einzelnen Stütze spiegelt und abstrahiert die Form seines Hauptes. Eine feine Abtreppung der beiden präzisiert und betont die Eigenständigkeit der Elemente.
Der Ziegel
Er hat die Eigenschaft seine Gestalt zu verändern. Von weiter Entfernung ist eine rote Gesamtform zu erkennen. Bei näherem Herantreten wird aus dieser Form der einzelne Ziegelstein und seine Wirkung im Konglomerat spürbar. Die Schichtung des Ziegels erleichtert ein Spiel mit Plastizität und ist so ein vielfältiges Mittel zur Gestaltung von Form.
Das Kupfer
Die Falzausrichtung des Kupferdachs nimmt die Vertikalität der Stütze auf, grenzt sich jedoch durch Farbe und Haptik vom Ziegel ab. Gerade unter Anwesenheit von Wasser erhält das Kupfer eine sich über die Zeit entwickelnde Patina und deutet so abermals dezent auf die Bedeutung von Wasser an diesem Ort hin.
Project by: Lisa Brolli
Supervisor Alex Lehnerer