SS 2018 Die Legende der tiefstgelegenen SAC Hütte
Mara Simone.

Es war einmal ein Geologe und begeisterter Wanderer Lars Kleijn aus Utrecht.

Das Schweizer Massiv war schon immer seine Leidenschaft. Während seiner wohlverdienten Forschungsauszeit verliess er die Niederlanden und freute sich auf die langersehnte Reise in die Schweiz. Diesmal wollte er das Herzstück der Schweizer Bergen besteigen und begab sich in das Sardona Gebiet.

Angetroffen in Flims erkundete er das bekannte Martinsloch, bestaunte das Glarner Panorama, sah dem eindrücklichen Wasserfall bei Batöni zu, bestieg Pässe, tauschte sich mit Einheimischen aus und bewundertet neben der prächtigen Landschaft Steinböcke und Gämse.

Auf seinem Abenteuer erzählte ihm der Hüttenwart Kurt, er solle doch bis zum Walensee runter. Dort stehe ein besonderes Haus, dass nur wenigen Einheimischen bekannt sei. Neugierig und begeistert von Kurts Ratschlag machte sich Lars auf den Weg.

Obgleich die letzte Etappe seiner Wanderung nicht mehr so anstrengend war, fühlte sich Lars regelrecht erschöpft. Mit dem Abstieg zum Walensee sollte seine Auszeit ein Ende nehmen. Am darauf folgenden Tag sollte seine Frau eintreffen um zusammen die letzten Nächte zu verbringen. Er erfreute sich das blaugrüne Wasser des Walensees zu erahnen, war aber zugleich nervös und aufgeregt. Plötzlich konnte er aus weiter Ferne einen Schornstein erkennen. Es stiegen vereinzelte Rauchwolken in den Himmel, – “…da musste es sein“ sprach er leise vor sich hin. Gezielt folgte er diesem Zeichen. Noch bevor die Sonne untergeht wollte er das Haus erreichen und erhoffte sich, die Nacht an einem sicheren Ort zu verbringen.

Nach mühseligem Marsch stand er nun vor dem mächtigen Betonblock. Angetroffen wurde er vom Reflex einer glänzenden Stütze geblendet. Er musterte deren kreuzförmige Form und spiegelte sich in der Stütze, konnte dabei aber sein eigenes Gesicht nicht erkennen. Unter dem Vordach erblickte er mehrere Türen. Welche wohl die richtige sei, fragte er sich. Er klopfte an der ersten Türe und konnte sie gleich öffnen. Nichts – es war nur ein Kämmerchen und darin einige Wanderschuhe und Sandalen liegend. Doch hinter der riesen Mauerwölbung stand noch eine weitere Türe, viel kleiner und weniger einladend. Er klopfte kräftig und rüttelte daran, mit einem kurzen Stoss öffnete sich die Türe. “Hallo ist hier jemand?“, rief er laut. Doch keine Antwort kam zurück. Verwundert blickte er sich um. Ein starker Geruch nach Nässe und Feuchte durchströmte den Raum. Da erblickte er an seiner Seite eine halbgekippte Bodenleiter. Der Geruch musste von unten kommen. Ungeduldig wollte er das Haus erkunden, da stiess er auf eine mächtige Wand. Sie war aus Glas und doch nicht fragil. Nur leicht konnte er seine verschwommene Silhouette im Abbild erkennen. Er streifte sie mit der Hand, sie fühlte sich kalt an, flach und doch auch gewölbt. Hinter der Wand fiel ein schwerer Vorhang, er schob diesen leicht weg, dahinter versteckte sich eine grosse Doppeltür, und gleich nochmals eine weitere Türe. Merkwürdig fielen ihm all die Türen auf – dies musste also der Eingang gewesen sein. Unvorsichtig musterte er die Umgebung und stolperte. „Was war das…?“, der Boden war leicht angehoben und Lars stand mit einem Fuss auf einer Holzdiele. Vor ihm stehen Tische und eine Menge Holzstühle, er begann sich wohl zu fühlen. Langsam hob er den Blick nach oben und war von der mächtigen Decke eingeschüchtert. Riesige Betonträger überspannten den Raum – wahrhaft eindrücklich dachte er. Auf einmal erschrak Lars, eine freistehende Wand die den langen Esstisch durchstiess. Er wischte sich die Augen, um sicherzustellen, dass er nicht träumte. So eine absonderliche Geste hatte er bisher noch nie gesehen. Verängstigt und zugleich überrascht, wie dies nur vorgefallen sei, versuchte er sich durch die Tische zu bewegen. Als es ihm zu eng wurde, gab er diesen Versuch auf und lief zum Kamin. Er war müde und wollte sich ausruhen, dabei setzte er sich auf den sonderlichen Ledersessel ab. Lars war alleine im Haus, obwohl es so schien, dass vor nicht allzu langer Zeit Jemand da gewesen sei. Das Feuer im Kamin brannte nicht, doch spürte er noch die Wärme. Er machte es sich gemütlich und genoss die Stille, da wurde er vom Geräusch eines tropfenden Wasserhahns gestört. Er folgte diesem Ton, – das musste von der Küche herkommen. Nicht weit entfernt konnte er den Tresen erblicken, ein Haufen schmutziges Geschirr stand herum. Er sah sich um, die Küche war grösser als üblich. Er schlenderte durch den hinteren Bereich des Hauses und griff nach einem Apfel aus dem Küchenlager.

Danach wollte er die obere Etage erkunden und stieg die Treppe hinauf, die er aus der Küche erblickte. Mühselig bestieg er die hohen Stufen. Auf erstem Anblick erschien ihm der Raum viel zu dunkel und düster, wenig Licht schien aus den Fenstern hervor. Er fragte sich, wo er bloss sei, auch die Decke war tiefer als sonst, dabei an den Seiten geneigt. Es brannte nur ein kleines Licht. Die gesamte Holzstruktur mit den massiven Holzträgern kamen ihm vertraut vor. Er lehnte sich am Stahlgeländer an und bewunderte die hölzerne Architektur. Der Raum fühlte sich eng an. Lars lief weiter und entdeckte die Terrasse. Da wollte er hin, er bückte sich um die Fenstertür zu öffnen, die Türe klemmte, doch Lars konnte sie mit aller Kraft aufbrechen und entdeckte erstmals wie tief die Wände dieses Hauses waren. Nun stand Lars da, alleine auf der grossen Terrasse, mit einem tiefen Atem genoss er die letzten Sonnenstrahlen und das herrliche Walenseepanorama. Erfreut dieses wertvolle Haus erkundet zu haben erwartete Lars am nächsten Morgen die Ankunft seiner Frau.

Man möge glauben, dass seine Frau das Haus nie finden konnte, und er nie mehr in seine Heimat zurückgekehrt ist…und Lars noch heute der berüchtigte Hüttenwart der Sallerentobel-Hütte ist.

Project by: Mara Simone

Studio Alex Lehnerer, ETH