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Zu schwach zum Stehen

SS 2020
Alexander Lehnerer
Studio Krones [KREG002], TU Graz
Einführung Montag, 03.03.2020 13:00 Rechbauerstraße 12, Hörsaal 1

Schwäche
Schwäche ist vielleicht die einzige Möglichkeit, unserer genormten Welt zu entfliehen. Die Norm ist immer ausreichend und entsprechend dimensioniert. Etwas Schwaches nicht - und befindet sich damit automatisch ausserhalb der Konvention. Das Schwache gibt nach. Und ist dadurch Möglichkeit; nicht Fehler

Die Krücke
Schwäche drückt sich aber selbst nicht aus. Das Exzentrische des strukturell Schwachen ist seine Krücke oder Stütze. Sie ersetzt das was fehlt. Sie hält, unterstützt, trägt, und ist dabei immer etwas sperrig, tektonisch nicht ideal und nicht immer perfekt integriert und dazu gehörig. Man merkt, dass sie nicht ganz passt.
Es gibt Spalt und Spiel. Meist ist die Krücke das überdimensionierte Element. Und oft zu starr und stark.
Das Starke und das Schwache ist ein kompositorisches Problem; und damit ein entwerferisches. Wir entwerfen ein Haus mit schwacher Struktur und starker Krücke.

Zu viel von zu wenig
Schwachen Häusern hilft ein starkes Programm. Seit Philip Johnsons «Seven Crutches of Architecture” (1958) wissen wir genau das. Programm ist eine wichtige Krücke der Architektur. Bei uns nicht. Ein schwaches Programm öffnet die Nutzung, schafft Freiheit.
Programm definiert sich nicht durch Zuschreibung über den Raumstempel. Sondern durch die Eignung des Raumes, seiner Elemente, seiner Möbel, Dimensionen und was so alles dazugehört. Über dieses Was-so-alles-dazu-gehört gibt es selten Diskussion. Ein Schlafzimmer braucht ein Bett, eine Küche einen Herd, eine Spüle, der Eingang eine Garderobe. Das Arbeitszimmer einen Schreibtisch. Genug Steckdosen, Leuchten, Fenster für jedes Zimmer.
Wirklich?

Neue Urhütten
Das bürgerliche Ideal von Nützlichkeit und Komfort hat sich heute tief in das Bauen und Planen eingeschrieben. Die Anzahl der Steckdosen pro Zimmer ist da von vornherein klar. Aber was, wenn ein Haus nur eine Steckdose hätte? Wo wäre die dann? Und was würde nur eine Steckdose für das Zusammenleben der Bewohner bedeuten? Das soziale Gefüge, die täglichen Abläufe des Wohnens würden sich darauf einstellen. Solche Defizite sind schön. Sie hinterfragen tradierte Konventionen.
Neue Urhütten entstehen.
Nicht aus einem Verlangen nach nostalgischer Einfachheit, sondern um dem bürgerlichen Hang zum Komfortablen und dem Haus als Ware eine Kritik zu entwerfen.

Funktionale Defizite
Nicht ganz dicht.
Pro Raum nur ein Möbel.
Nur eine Steckdose.
Zu eckig.
Nur ein Tisch.
Zu schlecht gedämmt.
Kein Kanalanschluss.
Kein Wasseranschluss.
Kein Dach.
...

Zu schwach zum Stehen
Wilhelm Busch, Max und Moritz, Dritter Streich
Skizze, Alex Lehnerer

Final Review

SS 2020
151.777 Projekt
Alexander Lehnerer
Oag Kulturverein, Graz
mit Carlotta Bonura, Julian Brües, Rainer Eberl, Franziska Hederer, Büşra Köroglu

Final Review
Antonia Prohammer
Helena Oberholzer