Fassade wider Willen

151.504 UE Entwerfen 1
Franziska Hederer, Ferdinand Schmölzer, Alex Lehnerer
Studio Rechbauer [ATDG092], Alte Technik
Einführung am Donnerstag, 02.10.2025, 10:00 Uhr

Wir bauen eine Fassade. Liegend.

Mit der kühlen Übersicht der Vogelperspektive bauen wir eine Fassade, so präzise als würden wir am Jahrhundert-Wohnbaugrundriss tüfteln. 

Als Grundlage dient uns allen das gleiche Feld. Es geht uns weniger um die Großform des Hauses als um die Beziehungen seiner einzelnen Teile zueinander. Es gibt eine Andeutung von Geschossigkeit, mehr aber nicht. Das tatsächliche Dahinter ist uns so gleichgültig wie der Boden unter den Füßen. 

Wir werden über Teilung sprechen, über Fugen, Öffnungen, tektonische Ordnung, Hierarchien, Gliederungen, Dimensionen, Geometrie, Kolossalordnung… Ihr wisst schon!

Als Material dient uns Holz. Seine leichte Bearbeitbarkeit bestärkt uns im Drang, alles immer noch ein wenig perfekter machen zu wollen. Hier schleifen wir noch ein wenig weg, dort doppeln wir auf, hier furnieren wir. Wir konstruieren uns ein Relief, das den Bedingungen der Konstruktion und ihrer ästhetischen Erscheinung gleichermaßen genügt, bauen eine Fassade, so perfekt, dass wir von ihr runteressen würden. 

Und wenn wir uns alle einig sind, dass es eigentlich besser nicht mehr geht, schauen wir noch einmal kurz drauf, machen ein Foto, gehen schlafen und klopfen uns in unseren Träumen gegenseitig für das beste Werk aller Zeiten auf die Schulter.

Nun fehlt nur noch der Fassadenschnitt. Als objektiv technisches Dokument erweitert er unser Projekt medial in die universelle Sprache des Bauens und deutet räumlich nun eine Tiefe an, die über die tatsächliche Tiefe der Fassade hinausgeht.

Doch als wir am nächsten Morgen voller Vorfreude ins Studio kommen, stimmt etwas nicht. Irgendjemand war da und hat unsere Aufgabenstellungen durcheinandergebracht. Die horizontale Ordnung muss nun eine vertikale sein, oben wird unten und aus dem Goldenen Schnitt muss doch ein 4:3-Verhältnis werden.

Kurz ärgern wir uns, doch erkennen alsbald, was wir insgeheim schon geahnt hatten. Im Kampf gegen unseren Saboteur schält sie sich langsam heraus: Die Fassade, die wir eigentlich immer wollten, uns aber bisher nicht getraut haben.

Fassade wider Willen
Landhaus Thomas R., Paul Klee, 1927
Zeichnung, Peter Märkli
Pumuckl, Ellis Kaut
25 bis, rue Benjamin Franklin, Auguste Perret, 1904
Sabotage, Beastie Boys, 1994
Schwankendes Gleichgewicht, Paul Klee, 1922
Austrian Cultural Institute, Detailschnitt, Raimund Abraham, 1998-2002