Der unmögliche Tausch

151.506 UE Entwerfen 3
Julian Brües, Franziska Hederer, Alex Lehnerer
Studio Rechbauer [ATDG092], Alte Technik
Einführung am Mittwoch, 01.10.2025, 10:00 Uhr

Konstruktiv betrachtet bezeichnet der Austausch in der Architektur die gegenseitige Übertragung, Weitergabe oder Umwandlung von Kräften, Energien oder Bedeutungen zwischen Bauteilen. Gewissermaßen handelt er von der Tektonik eines Gebäudes und damit von der gegenseitigen Bedingung der Bauteile zueinander. 

Der unmögliche Tausch beschreibt Prozesse in denen Architektur nicht nur statisch „trägt“, sondern als vermittelnde Instanz zwischen konstruktiven und ästhetischen Gegensätzen wirksam wird. Kunst- und Kernform führen dabei eine stille Unterhaltung. Auf der einen Seite die Kunstform, deren erklärtes Ziel es ist, die Gestalt eines Hauses zum Ausdruck zu bringen. Auf der anderen Seite die Kernform der Statik und der Konstruktion, welche das Haus davor bewahrt nicht einzustürzen oder davon zu fliegen.   

Unsere Seh- und Lesgewohnheiten werden durch den unmöglichen Tausch auf die Probe gestellt. Wir lassen uns ein auf das geheimnisvolle Verhältnis zwischen der Fügbarkeit und der Anschaubarkeit der Dinge und finden heraus, dass nicht alles was sich technisch-konstruktiv bauen lässt und vielleicht nützlich sein mag, von uns als angenehm oder sogar schön – und umgekehrt – empfunden wird.    

Wir entwerfen Häuser, welche die Konsequenzen, die fatalen ebenso wie die günstigen oder glücklichen, des unmöglichen Tauschs erforschen. Architektonisch folgen sie dem Dualitätsprinzip geregelter Gegensätze, wie zum Beispiel dem Harten und dem Weichen, die miteinander einen Balanceakt vollziehen in dem nichts austauschbar erscheint.

Getauscht werden nicht nur Bauteile wie ein Unterzug, eine Stütze, eine Tür oder ein Fenster, sondern auch Räume, Materialien und ganze Häuser. Wir widmen uns in dieser Unmöglichkeit einem Gestaltungsproblem, dem wir situativ ebenso wie strukturell begegnen. Alles besteht im Spiel der Dualität und dem Fluss des Wechsels. Diese Momente des Übergangs, in denen Kräfte, Materialien, Räume oder Bedeutungen von einem Träger zum anderen übergehen, machen wir mit architektonischen Mitteln sichtbar, erlebbar und sinnlich erfahrbar.    

„Jedes System erfindet sich ein Gleichgewichts-, Tausch-, Wert-, Kausalitäts- und Finalitätsprinzip, das auf geregelten Gegensätzen beruht. (...) Alle unsere Systeme gipfeln in der hoffnungslosen Anstrengung, dieser radikalen Ungewissheit zu entgehen, um das Fatale des unmöglichen Tauschs abzuwenden.“ Jean Baudrillard, Der unmögliche Tausch, Verlag Merve, Berlin 2000, S.12ff 

Der unmögliche Tausch
LaFaille Residence, Eric Owen Moss, 1979
Forth Bridge, Wilhelm Westhofen, 1890